Institut für
beratende Sozial- und
Wirtschaftswissenschaften
Gerhard Weisser-Institut e.V.
c/o Dr. Dieter Rehfeld
Johanneskirchplatz 8
D-33615 Bielefeld
Tel.: 0521 5222882

Zur Geschichte des Forschungsinstituts

Ein kleiner Kreis erfahrener Hochschullehrer, angehender Wissenschaftler und Freunde an der Albertus-Magnus-Universität zu Köln gründete 1965 das „Forschungsinstitut für Gesellschaftspolitik und beratende Sozialwissenschaft e.V.“ mit Sitz in Göttingen. Die Mitbegründer Friedrich Karrenberg und Gerhard Weisser wurden zum Vorsitzenden bzw. Wissenschaftlichen Direktor gewählt.

Unermüdlicher „Motor“ für die Gründung eines Instituts, das sowohl Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Gesellschaftspolitik betreiben als auch spezielle sozialwissenschaftliche Beratung leisten sollte, war zweifellos Gerhard Weisser, der auf eine erfolgreiche Instituts- und Beratungsarbeit seit den 50er Jahren verweisen konnte. Aus Überzeugung und persönlicher Erfahrung, sinnvolle Politik könne angesichts der „Kompliziertheit unserer Lebensverhältnisse der Wissenschaft nicht mehr entraten“, forderte Weisser die Gründung eines Instituts, das eben auch erforschen sollte, wie denn diese wissenschaftliche Beratung organisatorisch und finanziell zu gestalten sei.

Eher skeptisch sah der Befürworter einer auf „Unabhängigkeit“ bedachten wissenschaftlichen Politikberatung die damals wie heute dominierenden Aktivitäten von „Beiräten“, die von staatlichen Hoheitsträgern berufen und aus öffentlichen Mitteln finanziert werden. Einmütigkeit in jenem „Kölner Kreis“ herrschte wohl auch in der Ablehnung einer Beratungspraxis, bei der „einzelne Gelehrte und andere Fachleute allein oder in Gruppen die Beratungstätigkeit neben ihrer hauptberuflichen Beschäftigung ausüben“. Beispielhaft sah Gerhard Weisser die Beratungsaufgaben in den USA erfüllt, „wo große Forschungsinstitute mit einem riesigen Mitarbeiterstab tätig sind“. Es galt ebenso, nicht nur die „Fundierung auf klare Grundvoraussetzungen“ sicherzustellen, sondern auch die „Unabhängigkeit der Ratschläge“ zu gewährleisten.

Die vielgestaltigen Institutsziele spiegeln sich auch in den Vorsitzenden des Vereins wider. Beispielsweise folgte dem Hannoveraner Stadtbaurat Prof. Dr. Rudolf Hillebrecht der niedersächsische Ministerpräsident Alfred Kubel, der Göttinger Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Ralf Dreier löste Dr. Kurt Nemitz, Präsident der Landeszentralbank in Bremen, ab, ehe dann mit Prof. Dr. Lothar F. Neumann ein weiterer Hochschullehrer zum Vorsitzenden gewählt wurde. Ihm folgte Prof. Dr. Uwe Jens, Mitglied des Deutschen Bundestages (bis Herbst 2002) und Honorarprofessor an der Ruhr-Universität Bochum, der bis zu seinem Tode im März 2013 dem Institut vorstand. Im Herbst 2013 wurde Dr. Dieter Rehfeld, Research Fellow am Institut Arbeit und Technik in Gelsenkirchen und Privatdozent an der Fakultät für Sozialwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum zum Vorsitzenden gewählt.

Rückblicke

Beginnend mit den 1990er Jahren bemühte sich das Institut verstärkt, über die Veranstaltung von Symposien aktuelle gesellschaftspolitische Probleme in die Institutsarbeit einzubeziehen und beratend Stellung zu nehmen.

Mit der grundsätzlichen Diskussion über den Zusammenhang von „Markt und Kultur “im Rahmen eines Symposiums in Bonn 1990 wurde auf die Bedeutung einer differenzierenden ordnungspolitischen Konzeption für die Transformation zentralverwaltungswirtschaftlich organisierter zu marktwirtschaftlich orientierten Ökonomien verwiesen.

Probleme der Transformation im Zuge des deutschen Einigungsprozesses wurden bei einem weiteren Symposium 1992 sehr konkret auch unter Beteiligung der ostdeutschen Wohnungswirtschaft diskutiert und mit dem Ergebnis einer „Magdeburger Erklärung“ zu Fragen der Wohnungswirtschaft abgeschlossen.

Grundsätzlicher wurden Gestaltungsprinzipien im Transformationsprozess auf der Tagung in Potsdam 1994 diskutiert und mit den „Potsdamer Grundsätzen der Vereinigungspolitik“ dokumentiert.

Mit einer Tagung in Köln (1996) mischte sich dann das Institut in die Debatte um die Wirtschafts- und Währungsunion ein. Die Diskussion über „Euro und Beschäftigung“ behandelte erneut die Frage nach der Rolle von Wissenschaft und Politik. Mit dieser Aktivität war ein Schritt hin zu Problemen des europäischen Einigungsprozesses vollzogen.

Ein Symposium zum Gedächtnis an den Ehrenvorsitzenden des Vereins, Gerhard Weisser, wurde 1998 unter dem Gesichtspunkt der Verbindung Weisserscher Ansätze in der globalisierten Wirtschaft und Gesellschaft in Bochum veranstaltet.

Ende des Jahres 1999 fand ein Symposium im Rahmen des Kooperationsprojektes mit den französischen Partnern aus Nancy an der Fachhochschule in Nürtingen statt. Weitere Konferenzen und Symposien folgten im November 2000 in Bonn und im Mai 2001 in Nancy.

Eine zweitägige Tagung befasste sich am 6.und 7. Dezember 2001 an der Fachhochschule Nürtingen mit dem europä6;ischen Einigungsprozess: „Deutsch-französische Zusammenarbeit Lokale Agenda 21 und Nachhaltige Entwicklung“ lautete der Titel der Veranstaltung.

2002 und 2004 folgten Tagungen in Verbindung mit der Fakultät für Sozialwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum zum Verhältnis von Wissenschaft und Politik, deren Ergebnisse in zwei Sammelbänden veröffentlicht wurden.

Eine Reihe von Vortragsveranstaltungen in den Folgejahren zur Ordnungs- und Wettbewerbspolitik thematisierte die Problematik von Monopolmacht, Deregulierung und Re-Regulierung. Die Ergebnisse fanden ihren Niederschlag in einem Sammelband, der die Thematik insbesondere in Hinblick auf Netzindustrien vertiefte.

Vor dem Hintergrund der Diskussion um die Währungsordnung und die Verfassungsklage fand 2011 unsere Vortragsveranstaltung mit den Professoren Wilhelm Hankel und Manfred J.M Neumann großen Zuspruch.

Nach einer weiteren Vortragsveranstaltung 2012 zur Unternehmensethik (in Kooperation mit der Handwerkskammer Düsseldorf) stand seit 2013 die Vorbereitung des 50jährigen Jubiläums auf dem Programm.

Am 24.11.2015 veranstaltete das Gerhard-Weisser-Institut eine Jubiläumsveranstaltung zu seinem fünfzigjährigen Bestehen zu dem Thema „Lebenslagen – Beiträge zur Gesellschaftspolitik“. Aus diesem Anlass erschien der gleichnamige Sammelband im Metropolis-Verlag.

Die positive Resonanz auf die Jubiläumsveranstaltung und auf das begleitende Buch über „Lebenslagen – Beiträge zur Gesellschaftspolitik“ hat dazu geführt, diese Thematik weiter zu vertiefen. Zur Fundierung der weiteren Arbeit wurden 2016 und 2017 Arbeitsgespräche durchgeführt. Hierbei ging es zum Beispiel um die Beziehung zwischen sozialen Innovationen und Gesellschaftspolitik und um Konturen einer normativen Gesellschaftswissenschaft.

Als Ergebnis dieser Arbeitsgespräche wurden drei Aspekte als Mittelpunkt der inhaltlichen Ausrichtung des Gerhard Weisser-Instituts in den kommenden Jahren formuliert:

  • Auseinandersetzung mit der Fragmentierung von Lebenslagen in der deutschen Gesellschaft und den europäischen Gesellschaften
  • Erörterung der Frage, wie vor dem Hintergrund einer zunehmenden gesellschaftlichen Fragmentierung der Gesellschaft integratives politisches Handeln möglich ist,
  • Erarbeitung der normativen und strategischen Grundlagen einer normativen Gesellschaftspolitik